Kapuzinerschnecken – die Spanischen oder Grossen Wegschnecken – sind bis zu 12 Zentimeter lange Nacktschnecken, sie sind Kannibalen, die ihre Artgenossen fressen und auch Zwitter, die sich gegenseitig begatten. Da sie bis zu 400 Eier in einer Saison legen, haben sie sich an vielen Orten zu einer Plage entwickelt.
Ihren (Über-)Namen haben diese Schnecken, weil die Kapuzinermönche sie als Armenspeise züchteten. Allerdings scheinen sich die Kapuziner irgendwann von den Nacktschnecken ab- und den Weinbergschnecken zugewendet zu haben. Und ein- oder zweimal im Jahr luden die Kapuziner die Behörden aus Dankbarkeit zu einem Schneckenessen ein.
Dazu lesen wir auf der Webseite des Klosters Rapperswil: «Eine Woche vor dem schmutzigen Donnerstag findet das sogenannte „Klosteressen“, welches ursprünglich als ‘Schneckenessen’ bezeichnet wurde, statt. Was hat es mit diesem Essen auf sich? Zum Schneckenessen luden die Kapuziner einmal im Jahr die Notablen der Stadt ein. Doch eines Tages realisierten die Kapuziner, dass die Schnecken bei den weltlichen Feinschmeckern zu einer kostspieligen Delikatesse geworden waren und daher nicht mehr mit der Armutsgesinnung des Ordens zu vereinbaren waren. Aus diesem Grund gibt es keine Schneckenessen mehr, sondern nur noch das Herrenessen; und da seit einigen Jahren auch Frauen geladen sind, hat sich die Bezeichnung dieses Anlasses zum ‘Klosteressen’ verändert.»
Das «Schneckenessen» gab es natürlich auch im Kloster Näfels, ehe es P. Gottfried Egger als erster Guardian der Franziskaner in ein «normales» Behördenessen umwandelte.
Fridolin Hauser hat Wissenswertes rund ums Schneckenessen und anderes mehr im Büchlein im Rahmen der Reihe «Im Zeichen des heiligen Fridolin» unter dem Titel «Schnäggä-n-Ässä im Chlooschter» (2015) herausgegeben. Fridli Osterhazy verweist dabei auf einen Artikel, den P. Polykarp Schwitter am 26. März 1966 im «Glarner Volksblatt» veröffentlicht hat. Wir geben ihn hier ebenfalls wieder, in der Hoffnung, dass dies die Leser dazu animiert, die Schrift zu kaufen, um noch mehr im Zeichen des heiligen Fridolin zu erfahren:
«Schnäggä. Die Schnecken kamen während den 2 langen Fastenzeiten zwischen Allerseelen und Weihnachten und zwischen Aschermittwoch bis Ostern bei den Kapuzinern auf den Tisch und zwar in 2 verschiedenen Formen.
Einmal als Schneckensuppe. Diese war ein gewürztes Gemisch, eine grünlich-grau-schwarze sumpfähnliche Brühe, ein richtiges Landsknechtegericht. Vielleicht um einige Grad appetitlicher als einst die berüchtigte, blutverkrustete Spartanensuppe auf dem griechischen Peloponnes. Als braver Novize schöpfte man, kniff die Augen zu und drückte die mit schwarzen Schneckenkadavern gefüllte Brühe hinunter. Besser, wenigstens für Liebhaber, waren die eigentlichen Schnecken.
Die Tage zuvor waren vom widerlichen Geruch siedender Schnecken erfüllt. Zu Tisch erschienen sie, Häuschen an Häuschen geordnet, in einem runden Kuchenblech, friedlich in der öligen Buttersauce liegend. Die Öffnung des Häuschens ist mit einer graugrünen Masse, dem sogenannten Schneckenbutter – einem Gemisch aus zerriebenen Kräutern und Butter – verstopft. Im Innern des gewundenen Häuschens hockt der eigentliche, zuvor gereinigte und dann wieder ins Haus gesteckte Schneck. Mit einer kleinen Gabel wird er herausgestochert und mit etwas Sauerkraut verschluckt. Zum Schneckenessen gehören nämlich wassergezogenes Sauerkraut und Salzkartoffeln. Es gab Liebhaber, die 10-20-30 und mehr Schnecken hinunterdrückten.
Einst machte es uns Novizen einen Heidenspass anlässlich eines sog. «Herrenessens» die Vielzahl der Häuschen einzusammeln und zu zählen. Die sog. «Schneckenessen», an denen als Spezialität Schnecken serviert wurden, waren nämlich eine Geste der Dankbarkeit des Klosters gegenüber Geistlichkeit und Behörden. Heute sind die Schnecken vom Kapuzinertisch verschwunden, selbst die Schnecken des Freundschaftsessens für Behörden und Geistlichkeit können nicht mehr um einige Rappen, sondern nur um teure Franken erstanden werden. Früher waren die Schnecken wirklich ein Almosen, seit aber Gourmands sie entdeckt, kriechen diese gehörnten Tierlein nicht mehr in den Kapuzinergärten. (In Näfels war der Schneckengarten in der Nordwestecke in einem kleinen gedeckten Gehege, das mit Moos, Kabisblättern und Löwenzahnblättern überdeckt war.)»
Das «Schneckenessen» mit den Behörden im Kapuzinerkloster Näfels wurde jeweils an Maria Empfängnis (8. Dezember) und früher auch am Portiunkulafest (2. August) durchgeführt.
Nun dürfen die Brüder und Schwestern Schnecken in aller Ruhe weiterleben und werden nicht mehr im Kloster verzehrt. Aber die Geschichte vom Schneckenessen wird bis heute sehr gerne überall berichtet. Das ist wunderbar. Es lebe die Schnecke!
Auch in Schüpfheim (im gelobten Lande Entlebuch) gab es im Kloster ein Schneckenessen. Das Ziel des Austausches mit den örtlichen Behörden und der Geistlichkeit im Dorfe war das gleiche wie in Näfels und an anderen Orten.
Wenn auch die Kapuziner sich hier 1980 zurückgezogen haben, so lebt der Geist des „Beamtenessens“ weiter und findet jedes Jahr am Mittwoch-Abend vor SchmuDo statt.
Der Klostervater, Peter R. Marty-Bouvard (ehemaliger Schüler der Klosterschule in Näfels)